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WILFRIED GERSTEL, „...NICHT DEINER MEINUNG“

INSTALLATION AM VORWÄRTS-GEBÄUDE

Das Installationsprojekt steht in Interaktion mit dem „Vorwärts-Haus“ des Otto-Wagner-Schülers Franz Gessner, das heute sowohl das Kreisky- als auch das Dohnal Archiv beherbergt und somit Aufbewahrungsort der Nachlässe der Personen ist, die das erste Frauenstaatssekretariat Österreichs geschaffen beziehungsweise geleitet haben.

Die Intervention thematisiert ironisch eine breite, bis heute bestehende „männliche“ Sichtweise auf die Bestrebungen der Frauenbewegung und macht – plakativ im doppelten Sinn des Wortes – die Enge dieser männlichen Denkmuster durch schlagwortartige Reduzierung auf leicht verständliche Weise vor allem jenen bewusst, die sie pflegen. In comic-artigen Sprechblasen über den Portraits von Kreisky und Dohnal wird eine fiktive Konversation der beiden dargestellt, die den männlichen Klischee-Standpunkt zum Thema zugleich aufzeigt und aushebelt. Letzteres geschieht durch die verneinende Umformulierung des berühmten Kreiskyschen Stehsatzes „Ich bin der Meinung...“ durch Johanna Dohnal.

Die Portraits mit den Textblasen umspielen den expressiven Treppengiebel und lassen den Durchblick sowohl auf ihn als auch auf die dekorativ gestaltete große Uhr frei, die in die Gruppierung der Bildelemente einbezogen ist als Mahnerin an die vergängliche, aber auch die zukünftige Dimension des Themas. Die Portraits Kreiskys und Dohnals sind jeweils den um 1910 entstandenen Balustradenfiguren Hanaks, einen Arbeiter und eine Arbeiterin darstellend, zugeordnet.

Unterfangen wird diese Figurengruppe durch einen als gelbes Transparent gestalteten Hinweis auf die Ausstellung zum Thema, das in seiner bewusst schlichten Form die Assoziation mit Transparenten bei Demonstrationen nahelegt.

Mit dem Dialog der beiden Persönlichkeiten und dem darunter angebrachten Ausstellungsplakat entsteht somit zusätzlich zur formalen Interaktion des Kunstwerkes mit der Architektur eine weitere, nämlich themenbezogene, aus den Inhalten der Aussagen Kreiskys, Dohnals und des Transparents, die, im Dreieck angeordnet, miteinander kommunizieren.


Zum Zeitpunkt der Drucklegung ist die Realisierung von Wilfried Gerstels Projekt aus budgetären Gründen noch nicht gesichert.