Wer war Otto Neurath?
Neurath wurde 1882 in Wien geboren, sein Wirken war äußerst vielschichtig. Er betätigte sich als Nationalökonom, Soziologe, Bildstatistiker, Volksbildner, Philosoph und war wichtiges Mitglied des Wiener Kreises. Er galt als einer der einflussreichsten Sozialwissenschaftler seiner Zeit.
Heute ist Otto Neurath vor allem bekannt für seine Arbeit im Bereich der visuellen Kommunikation und seine Entwicklung der „Wiener Methode der Bildstatistik“, später „ISOTYPE“ genannt (International System Of TYpographic Picture Education). Er gilt als Erfinder der sprechenden Zeichen, der Piktogramme.
Neurath entwickelte eine visuelle Sprache, die durch einfache Symbole und Bildgrafiken Informationen vermittelt. Sein Ziel war es, komplexe statistische Daten von wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zusammenhängen auf eine leicht erfassbare Weise so darzustellen, dass sie auch für Menschen ohne spezielles Fachwissen verstanden wurden. Neuraths Streben lag darin, Wissen zu fördern, Wissen für alle Menschen, unabhängig von deren Herkunft, Sprache oder Bildungshintergrund.
1925 wurde er Leiter des neu gegründeten „Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseums“. Es gab kein eigenes Museumsgebäude, also präsentierte er seine Schautafeln in der Volkshalle des Rathauses in Wien, aber auch in Filialausstellungen, wie beispielsweise im Gemeindebau „Am Fuchsenfeld“ in Meidling. Bald gab es aber auch schon Nebenstellen seines Museums in ganz Europa, so in Berlin, Amsterdam, London oder Moskau. Dort zeigte er „maßgeschneiderte“ Schautafeln zu Themen, die eben in diesen Städten sozialpolitische Relevanz hatten.
Im Gesellschafts- und Wirtschaftsmuseum, das Neurath als Ort des Lernens und Kommunizierens gesellschaftlicher Entwicklungen verstand, wurde er von einem großen Team in seiner Arbeit unterstützt, besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang seine spätere Frau Marie Reidemeister und der Grafiker Gerd Arntz.
1934 emigrierte Neurath vor dem austrofaschistischen Regime nach Den Haag, und als deutsche Truppen 1940 in den Niederlanden einmarschierten, flüchtete er mit Marie Reidemeister weiter nach England. Dort setzte er seine Arbeit in Oxford mit der ihm eigenen Energie und Tatkraft bis zu seinem plötzlichem Tod im Jahr 1945 fort.
(Erläuterungstext zu den Arbeiten in der Waschküche)
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Otto Neurath und das Glück
Neuraths Glücksbegriff hat nichts mit esoterischen Heilsvorstellungen zu tun.
Er arbeitete Zeit seines Lebens daran, eine besondere Utopie wahr werden zu lassen: Ein glückliches Leben für alle. Dieses für Neurath durchaus umsetzbare Ziel war für ihn nicht von fantastischen, wirklichkeitsfremden Träumereien geprägt, er wollte das Glück der Menschen mit Hilfe von rationaler, wissenschaftlich fundierter und demokratisch organisierter Planung erreichen. Durch Unterstützung von Institutionen und öffentlichen Einrichtungen, durch gemeinsames „an einem Strang ziehen“ sollte das zufriedene Leben erreicht werden. Eine solidarische Gesellschaft fördert das Wohlbefinden ihrer Mitglieder.
Und Neuraths Glücksideal umfasst nicht nur die Versorgung der Menschen mit Nahrung, Kleidung und bedürfnisgerechtem Wohnen. Es beinhaltet auch den Zugang zu Büchern oder die Möglichkeit von Theaterbesuchen. Denn besonders in Bildung, Wissen und Kultur sah Neurath einen Schlüssel zu höherer Lebensqualität, denn nur dadurch können Menschen bessere Entscheidungen treffen, die zu einem erfüllteren Leben führen.
Zu Otto Neuraths positiver Lebenszielsetzung, die auf Empathie und der Liebe zu Menschen beruht, soll noch eine weitere Charaktereigenschaft von ihm erwähnt werden: sein unerschütterlicher Optimismus und sein Humor. Viele harte Schicksalsschläge in seinem Leben meisterte er mit Resilienz, auf den meisten seiner Fotoportraits sieht man Neurath vergnügt. Ihn, der sich selbst oft am Ende seiner Briefe in Gestalt eines Elefanten karikiert hat.
„Yours sincerley“, sprach dann dieser Elefant, oft mit Blumenstrauß im Rüssel.
Sei auch Du freundlich gegrüßt, erwidert man Otto Neurath gern darauf, Du Verfechter des Glücks!
(Erläuterungstext zu den Arbeiten im großen Atelierraum)